Gerade hatte ich wieder eine schöne Diskussion über “Kundenbindung”. Immer wieder fällt mir auf, dass dieser Begriff automatisch “nur” positiv besetzt wird. Meist von denjenigen, die wollen, das sich der Kunde bindet. Mir ist dies etwas zu kurz gesprungen und dabei wichtig, den Begriff aus zwei Perspektiven zu sehen. Denn wenn sich der Kunde “gebunden” fühlt ist das nicht zwingend unser Ziel, vielmehr doch, dass er sich “verbunden” fühlt und freiwillig bindet, oder?
In der Literatur findet sich, wie so oft, auch zu diesem Stichwort natürlich etwas Aufklärung:
Die Begriffsdefinition nach Eggert, 1999:
Gebundenheit
Kundenbindende Aktivitäten des Anbieters -> Aufbau von Wechselbarieren
- Bindungswirkung -> Kunde kann nicht wechseln (Vertragsbindung)
- Freiheit des Kunden -> Eingeschränkt
- Bindungsinteresse -> Geht vom Anbieter aus
Verbundenheit
Kundenbindende Aktivitäten des Anbieters -> Management der Kundenzufriedenheit und des Kundenvertrauens
- Bindungswirkung -> Kunde will nicht wechseln
- Freiheit des Kunden -> Uneingeschränkt
- Bindungsinteresse -> Geht vom Kunden aus
Im Zustand der Verbundenheit haben die Kunden positivere Verhaltensabsichten als im Zustand der Gebundenheit:
- höhere Empfehlungsbereitschaft
- geringer ausgeprägte Wechselbereitschaft
- Bereitschaft zur Intensivierung der Geschäftsbeziehung
Die Grafik macht für mich deutlich, dass die positive Kundenbindung erst entsteht, wenn der Kunde frei ist in der Wahl. Ein Mobilfunkvertrag über zwei Jahre fix ist wohl eine Kundenbindung, jedoch gewährleistet sie nicht zwingend, dass der Kunde nach zwei Jahren weiter bleibt. Er wird entweder aus Gewohnheit verlängern, aus Verbundenheit und Überzeugung verlängern oder sich kritisch nach dem nächsten, günstigen und zuverlässigen Partner umschauen, mit kürzeren “Bindungszeiten”, weil er frei sein möchte in seiner Wahl. Das Beispiel ist sicher etwas vereinfacht, zeigt jedoch auf, dass Ziel der Kundenbindung sollte im Sinne der langfristigen Wirkung eher auf die Verbundenheit des Kunden abzielen.
Verbundenheit zum Anbieter entsteht vor allem durch Qualität in der Leistung, Kundenorientierung, Fairness, Markenimage, Vertrauen usw. Also ein durchaus vielfältiges Feld, dem sich ganze Scharen von Loyalty Marketing Spezialisten bereits widmen.
Im Kern steht für mich vor allem, wenn der Kunde unsere Leistungen positiv schätzt, gerade im Service, er unseren Aussagen vertraut und uns als zuverlässigen Partner empfindet, dann wird er eher mit uns verbunden sein, als sich gebunden zu fühlen – im Ergebnis also auch gar nicht die Frage stellen, ob er eine Vertragsbindung hat – nur so ein Gedanke.